Solidarität mit den ArbeiterInnen der PT Shamrock in Medan, Indonesien

Indonesien: ArbeiterInnen gegen internationale Firma, reaktionäre Gewerkschaft, Schlägertrupps und Polizei

(in English language)

Am 8. September 2004 haben 200 Polizisten die streikenden ArbeiterInnen der PT Shamrock in Medan, Indonesien überfallen. Mehrere ArbeiterInnen wurden verletzt, ebenso einige Polizisten. Es war der bisher brutalste Versuch, den Aufbau einer alternativen Gewerkschaft in diesem Betrieb zu unterdrücken. Die Firma hat erst 14 ArbeiterInnen entlassen, die die Gewerkschaft mit aufgebaut haben, jetzt sind über 800 wegen des Solidaritätsstreiks entlassen. Zu Verhandlungen beim Büro des Arbeitsministeriums erscheint die Firma entweder gar nicht, oder sie zeigt sich stur. Ist sie doch mit der alten Staatsgewerkschaft aus Zeiten der Diktatur gut gefahren – zu Lasten der ArbeiterInnen.

Die jungen ArbeiterInnen (70% der Belegschaft sind Frauen) werden ihren Kampf fortsetzen. Deshalb rufen wir dazu auf, Protestbriefe und Protestfaxe an die Firma (in englisch) zu schicken und sie aufzufordern, die Gekündigten wieder einzustellen und den Grundsatz der Organisationsfreiheit anzuerkennen.

Mehr Informationen sind leider meist nur in indonesischer Sprache verfügbar. Dokumentiert ist der Kampf auf der neuen Website des Kelompok Pelita Sejahtera, wir haben immer wieder auf Asien Aktuell, unserer täglichen Presseschau berichtet. Es gibt einen kleinen Videoclip über die Räumung, allerdings in schlechter Qualität.

Eine neue Gewerkschaft!

Einige wenige ArbeiterInnen der PT Shamrock in Medan, Nordsumatra, haben 2003 angefangen, eine neue Gewerkschaft aufzubauen. Sie entschieden sich, der kleinen, aber aktiven lokalen Gewerkschaft Serikat Buruh Medan Independen - Unabhängige Arbeitergewerkschaft Medan - beizutreten. Die bisherige, von der Firma anerkannte Gewerkschaft SPSI hat wenig getan. Die Firma zahlte den Lohn verspätet; zwang immer wieder Beschäftigte, selbst zu kündigen; wollte erst die Erhöhung des Mindestlohns nicht weitergeben, ließ die Arbeitsschutzeinrichtungen in der Fabrik verkommen. Zu den Forderungen der ArbeiterInnen gehören außerdem unter anderem zwei Tage Menstruationsurlaub ohne Attest und der Verzicht auf Leiharbeit und „Outsourcing“. In kurzer Zeit schlossen sich mindestens 700 - also die Mehrheit der ArbeiterInnen - der neuen Gewerkschaft per Unterschrift an und ein dreitägiger Streik im März 2004 erzielte erste Erfolge.

Die Firma ging sofort gegen die Aktiven vor. Insgesamt 14 wurde deshalb gekündigt; der frühere Vorsitzende des SPSI, der zurückgetreten war und jetzt den SBMI unterstützte, wurde zuerst in eine Plantage versetzt, später des Diebstahls bezichtigt und angezeigt; die Polizei nahm ihn auch vorübergehend in Haft.


Kontakt zum SBMI über die Website des KPS (bitte in Englisch oder, wer kann, in Bahasa Indonesia)


Aus Protest gegen die Entlassungen traten etwa 800 Mitglieder des SBMI am 9. August in Streik. Seitdem sind die Streikenden jeden Tag aktiv; entweder demonstrieren sie bei zuständigen Behörden, wie dem Büro des Arbeitsministeriums, wo sie die Verhandlungen begleiten, vor dem Parlamentsgebäude, wenn ihre VertreterInnen dort die Unterstützung der zuständigen Kommission verlangen, oder sie demonstrieren beim Gouverneur der Provinz Sumatra. Meist aber versuchen sie, die beiden Tore der Fabrik zu besetzen, um ihre KollegInnen von der Notwendigkeit des Streiks zu überzeugen. Etwa 300 ProduktionsarbeiterInnen, die Mitglieder des SPSI geblieben sind, arbeiten weiter.

Die Reaktionen der Firma sind militant. Am 17. August überfällt eine Truppe von 200 Schlägern die Streikenden vor der Fabrik; es gibt einige Verletzte. Das Anheuern von Schlägertrupps um Arbeiter einzuschüchtern kommt in Indonesien oft vor; aber besonders in Medan ist es fast normal. Die Polizei ist anwesend, greift aber nicht ein und unternimmt auch hinterher nichts, um die Angreifer zu ermitteln.

Anders reagieren die Behörden, als der SPSI am 6.9. eine Demo vor der Polizeibehörde durchführt und verlangt, daß die Polizei die ungehinderte Zufahrt der Arbeitswilligen zur Fabrik sicherstellen und ihren ehemaligen Vorsitzenden erneut verhaften möge. Nur zwei Tage später überfällt ein Kommando der Polizei die Streikenden vor der Fabrik, verprügelt einige, verhaftet mehr als 150, die erst viele Stunden später wieder freigelassen werden.

Die PT Shamrock Manufacturing Corp. produziert Gummihandschuhe, vor allem für medizinischen Bedarf. Die Fabrik hat insgesamt etwa 1700 Beschäftigte. Zum Unternehmen in Indonesien gehören noch weitere Gummiwarenfabriken in Medan und Tangerang (bei Jakarta); außerdem zwei Gummibaumplantagen und eine Fabrik zur Verarbeitung des Naturstoffes. Sie gehört der Globe Shamrock Inc in Houston, Texas, USA.

Adressen:

PT Shamrock Manufacturing Corporation
Jalan Pemuda No.11
Medan – 20151 Sumatra Utara, Indonesia
Tel.: +62-61-455-8888, Fax: +62-61-452-0588

Globe Shamrock, Inc
4930 Campbell Road
Houston, TX 77041
Phone: +01 (713) 462-2676, Fax: +01 (713) 462-6368
Email: mikem@globe-shamrock.com

Indonesien: Schatten der Vergangenheit

Seit dem Sturz des Dikatators Soeharto im Jahre 1998 gibt es zwar so etwas wie eine bürgerliche Demokratie; die reaktionären Kräfte - vom Militär bis hin zu den Parteien und alten Seilschaften - haben ihre Posten behalten und in den letzten Jahren ihren Einfluß wieder verstärkt. Korruption und Vetternwirtschaft sind schlimmer als je zuvor. Es gibt eine freie Presse, aber auch die gerät zunehmend unter Druck, wie die Verurteilung des Herausgebers des Magazins Tempo zeigt.

Die ArbeiterInnen haben schon vor dem Sturz des Diktators gekämpft und tun das bis heute. Hunderte Gewerkschaften sind entstanden und mit ihren Kämpfen waren die ArbeiterInnen in der Lage, die Lebens- und Arbeitsbedingungen trotz Asienkrise einigermaßen zu halten. Aber auch hier treiben die Schatten der Vergangenheit ihr Unwesen: es gibt immer noch den SPSI (Serikat Pekerja Seluruh Indonesia - Gewerkschaft der Arbeitenden in ganz Indonesien), die als einzige "Gewerkschaft" unter der Soeharto- Diktatur zugelassen war. Es verwundert nicht, daß die Unternehmen keine Schwierigkeiten sehen, wenn diese SPSI ihre ArbeiterInnen organisiert.

Indonesische ArbeiterInnen sind billig. Die regional oder lokal festgelegten Mindestlöhne schwanken derzeit um etwa 600 000 Rupiah, etwas mehr als 50 Euro pro Monat. Auf den ersten Blick hat Indonesien ein vergleichsweise gut ausgebautes Arbeitsrecht. Aber vieles davon steht auf Papier, das sehr geduldig ist; die Unternehmen halten sich manchmal dran, oft nicht. Die meisten Streiks in Indonesien haben deshalb "normative Forderungen": sie verlangen nicht mehr als die Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften. Das heißt aber auch, daß die ArbeiterInnen nur dann wenigstens unter den Mindestbedingungen des Arbeitsrechts leben, wenn sie in der Lage sind, dafür zu kämpfen.


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12.9.04